„Ich habe das Gefühl, ständig an alles denken zu müssen und selbst wenn ich Pause habe, läuft mein Kopf weiter.“
So oder so ähnlich beschreiben viele Patient:innen ihre innere Erschöpfung. Der Begriff Mental Load hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Er beschreibt die unsichtbare Denkarbeit, die nötig ist, um Alltag, Beruf und Beziehungen am Laufen zu halten.
Doch inzwischen reicht es nicht mehr, nur von Mental Load zu sprechen. Wir befinden uns längst in einer Art Mental Load 2.0: Einer neuen Dimension psychischer Überlastung, die durch Digitalisierung, ständige Krisen und gesellschaftliche Anforderungen geprägt ist.
Was ist Mental Load 2.0?
Ursprünglich bezog sich Mental Load auf die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit in Familien (Daminger, 2019). Studien zeigen, dass Frauen weiterhin einen erheblich höheren Anteil an dieser unsichtbaren Denkarbeit übernehmen , selbst wenn sie erwerbstätig sind (Statistisches Bundesamt, 2023).
Heute erweitert sich die Perspektive:eine unsichtbare Last, die fast alle betrifft: Eltern, Alleinlebende, Studierende, Führungskräfte.
- Arbeitswelt im Dauerstress: Laut einer Deloitte-Studie (2023) berichten 77 % der Befragten in Deutschland, dass sie durch Krisen und steigende Arbeitsanforderungen psychisch belastet sind.
- Digitale Dauererreichbarkeit: WhatsApp-Gruppen, Slack-Nachrichten, News-Alerts – Pausen werden seltener. Untersuchungen belegen, dass ständige Erreichbarkeit zu Schlafproblemen, Stress und reduzierter Erholung führt (Kuhnle et al., 2022).
- Selbstoptimierungsdruck: Ernährung, Fitness, Achtsamkeit, Altersvorsorge – das „perfekte Leben“ wird zur To-Do-Liste. Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB, 2022) zeigt, dass besonders junge Erwachsene den Anspruch empfinden, Beruf, Fitness, Ernährung und soziale Kontakte gleichzeitig „perfekt“ zu managen.
- Social Media-Effekte: Laut einer Meta-Analyse (Marengo et al., 2021) verstärken soziale Netzwerke Gefühle von Vergleich, Unzulänglichkeit und psychischem Druck.
Psychologische Folgen von Mental Lord
Die Folgen von Mental Load 2.0 sind wissenschaftlich gut dokumentiert:
- Erschöpfung & Burnout: Die WHO stuft Burnout seit 2019 als arbeitsbezogenes Phänomen ein. Dauerhafte kognitive Überlastung gilt als zentraler Risikofaktor (WHO, ICD-11).
- Konzentrationsprobleme: Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass Multitasking die Arbeitsleistung reduziert und die Fehlerquote erhöht (American Psychological Association, 2020).
- Schlafstörungen: Laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung (DGSM, 2022) leiden rund 30 % der Erwachsenen unter Ein- oder Durchschlafproblemen, oft durch anhaltendes Grübeln.
- Beziehungsprobleme: Studien zur Partnerschaftsbelastung (Offer, 2021) zeigen, dass unausgesprochene Aufgabenverteilungen die Beziehungszufriedenheit langfristig mindern.
Strategien gegen Mental Load 2.0
- Externe Struktur statt innerer Daueralarm
– Kognitive Entlastung durch To-Do-Listen, Kalender-Apps oder analoge Systeme („Getting Things Done“-Ansatz, Allen, 2001). - Radikale Priorisierung
– Eisenhower-Matrix oder Kanban-Methoden helfen, Aufgaben realistisch zu bewerten. - Aufgabenteilung bewusst einfordern
– Sozialpsychologische Studien zeigen, dass explizite Kommunikation über Erwartungen Konflikte reduziert (Bianchi & Milkie, 2010). - Digitale Grenzen setzen
– „Digital Detox“-Interventionen zeigen positive Effekte auf Stresslevel und Schlafqualität (Labrague, 2021). - Selbstfürsorge ohne Selbstoptimierungsdruck
– Positive Psychologie betont: Erholung und Genuss steigern Resilienz (Seligman, 2011).
Psychotherapie und Coaching als Unterstützung
In meiner Praxis erlebe ich täglich, wie entlastend es ist, die unsichtbare Last sichtbar zu machen. In der Verhaltenstherapie arbeiten wir u. a. mit:
- Gedanken- und Aufgaben-Tracking, um Muster zu erkennen.
- Kognitiver Umstrukturierung, um überhöhte Verantwortungsgefühle zu hinterfragen.
- Achtsamkeitstraining (nach Kabat-Zinn), das nachweislich Stress reduziert (Goldberg et al., 2022).
- Kommunikationstraining, um Grenzen in Partnerschaft und Beruf klarer zu setzen.
Im Coaching – insbesondere für Führungskräfte und Menschen in verantwortungsvollen Rollen – liegt der Fokus auf Resilienz, Delegation und Priorisierung, um leistungsfähig und gesund zu bleiben.
Fazit
Mental Load 2.0 ist mehr als ein Modewort. Es beschreibt eine reale psychische Belastung, die in aktuellen Studien klar belegt ist. Wer die Last ignoriert, riskiert langfristig seine Gesundheit. Der erste Schritt ist, die unsichtbare Arbeit sichtbar zu machen und dann Strategien zu entwickeln, die Verantwortung, Struktur und Selbstfürsorge in Balance bringen.
Mein Angebot:
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