Redemoment Psychotherapie

Saisonale Depression

Wenn die Tage kürzer werden: Herbst, Winter und unsere Stimmung – Julia Benner Im Sommer hatte ich in meinem Blog schon über das Thema Sommerdepression geschrieben – ein Phänomen, das vielen gar nicht bekannt ist, weil eher die dunkle Jahreszeit mit Stimmungsschwankungen verbunden wird. Doch genau das macht die Auseinandersetzung mit Saisonalität und Psyche so spannend: Unser Wohlbefinden ist enger mit Jahreszeiten, Licht und biologischen Rhythmen verwoben, als wir oft denken.   Warum die dunkle Jahreszeit auf die Stimmung schlägt Der Herbst bringt mit seinen Farben und Spaziergängen zwar eine gewisse Gemütlichkeit, gleichzeitig verändert sich aber auch unser Biorhythmus spürbar: Weniger Tageslicht: Mit den kürzeren Tagen sinkt die Lichtintensität. Das beeinflusst die Ausschüttung von Melatonin (unserem „Schlafhormon“) und die Regulation von Serotonin, das eng mit Stimmungslage und Wohlbefinden verknüpft ist. Vitamin-D-Mangel: In Deutschland reicht die Sonneneinstrahlung ab Oktober kaum mehr aus, um ausreichend Vitamin D zu bilden. Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und depressiven Symptomen (z. B. Anglin et al., 2013, British Journal of Psychiatry). Zirkadiane Rhythmik: Unser innerer Taktgeber reagiert auf Licht. Wenn dieser Rhythmus „verstimmt“ ist, erleben wir häufiger Müdigkeit, Reizbarkeit oder Antriebslosigkeit.   Die bekannteste Form davon ist die saisonale affektive Störung (SAD), oft auch Winterdepression genannt. Schätzungen zufolge sind in Nordeuropa etwa 2–5 % der Bevölkerung betroffen, während bis zu 20 % eine abgeschwächte Form – den sogenannten „Winterblues“ – kennen (Lam & Levitan, 2000, American Journal of Psychiatry).   Psychologische Dimension : Warum wir uns anders fühlen Neben den biologischen Prozessen spielen auch psychologische Faktoren eine Rolle: Veränderung des sozialen Rhythmus: Im Sommer sind wir mehr draußen, aktiver und sozial eingebunden. Im Herbst ziehen wir uns eher zurück. Das kann Geborgenheit schaffen – aber auch Einsamkeit verstärken. Kognitive Muster: Studien zeigen, dass Menschen im Winter eher zu Grübeln und pessimistischen Gedanken neigen (Rohan et al., 2009). Das liegt u. a. daran, dass weniger positive Erlebnisse (z. B. Sonne, Bewegung draußen) als Gegengewicht verfügbar sind. Symbolik der Jahreszeit: Herbst steht für Abschied, Vergänglichkeit, „Verblühen“. Diese Symbolik kann bei manchen Menschen unbewusst Traurigkeit aktivieren.   Praktische Strategien: Was helfen kann Die gute Nachricht: Es gibt viele Möglichkeiten, den eigenen Rhythmus zu stabilisieren und aktiv Einfluss auf die Stimmung zu nehmen.   1. Lichttherapie Klinisch bewährt ist die Behandlung mit einer Lichttherapielampe (10.000 Lux, morgens 20–30 Minuten). Studien belegen eine Wirksamkeit, die vergleichbar mit Antidepressiva sein kann (Lam et al., 2006). Auch im Alltag hilft es, so viel Tageslicht wie möglich zu tanken – Spaziergänge am Vormittag sind besonders effektiv.   2. Bewegung Regelmäßige körperliche Aktivität hebt nachweislich die Stimmung und wirkt antidepressiv (Schuch et al., 2018, American Journal of Psychiatry). Besonders hilfreich: Bewegung im Freien, auch bei grauem Wetter.   3.Struktur & Routinen Der Herbst lädt zu Rückzug ein, gleichzeitig tut es der Psyche gut, verbindliche Routinen zu haben: Feste Aufstehzeiten, Essenszeiten, kleine Rituale. Achtsamkeits- und Atemübungen helfen, den inneren Fokus zu stärken.   4.Ernährung & Vitamin D Viele Betroffene profitieren von einer ärztlich begleiteten Vitamin-D-Supplementierung. Eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung stabilisiert den Blutzucker und wirkt sich positiv auf Stimmung und Energielevel aus.   5.Soziale Kontakte bewusst pflegen Dunkelheit und Kälte führen leicht zu Rückzug. Aktiv geplante Treffen mit Freund:innen oder Familie wirken vorbeugend gegen Einsamkeit. Auch kleine Gesten – ein Telefonat, ein gemeinsamer Spaziergang – können Schutzfaktoren sein.   6.Professionelle Unterstützung suchen Wenn die Niedergeschlagenheit über Wochen anhält, der Antrieb stark reduziert ist oder Suizidgedanken auftreten, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen. Psychotherapie kann dabei unterstützen, Muster zu erkennen und neue Bewältigungsstrategien aufzubauen.   Ein persönlicher Gedanke In meiner Arbeit mit Patient:innen sehe ich jedes Jahr, wie unterschiedlich wir auf die Jahreszeiten reagieren. Während manche im Sommer durch die Hitze und die ständige Erwartung von Aktivität unter Druck geraten – wie ich es bereits im Artikel zur Sommerdepression beschrieben habe – spüren andere im Herbst und Winter den Rückzug und die Dunkelheit besonders stark. Spannend ist: Beide Phänomene haben eine gemeinsame Basis, nämlich die Empfindlichkeit unseres Körpers und unserer Psyche für äußere Reize wie Licht, Temperatur und soziale Rhythmen. Gerade diese Sensibilität zeigt aber auch, dass es hilfreich sein kann, Jahreszeiten bewusster wahrzunehmen und nicht nur als „normalen Hintergrund“ zu sehen. Statt gegen den Herbstblues anzukämpfen, kann es heilsam sein, neue Rituale zu entwickeln, die dieser Jahreszeit entsprechen – sei es ein regelmäßiger Spaziergang im Morgenlicht, das bewusste Einplanen von Pausen oder kleine Routinen, die Wärme und Geborgenheit schaffen. So entsteht eine Balance zwischen Akzeptanz und Aktivität, die langfristig Resilienz fördert. In meiner Praxis erlebe ich jedes Jahr, dass die dunkle Jahreszeit Menschen besonders fordert. Gleichzeitig sehe ich auch, dass der Herbst eine Chance für Entschleunigung sein kann: Sich bewusst einzurichten, kleine Inseln der Freude zu schaffen – sei es ein Abend mit Kerzen, ein Spaziergang durch buntes Laub oder ein neues Ritual der Selbstfürsorge. Während der Sommer uns oft nach außen zieht, lädt der Winter dazu ein, nach innen zu schauen. Manchmal entsteht daraus nicht nur Stabilität, sondern auch eine Form von innerem Wachstum.   👉 Wenn du merkst, dass dich die dunkle Jahreszeit stärker belastet, als du es allein bewältigen kannst, melde dich gerne für ein Erstgespräch in meiner Praxis Redemoment in Hamburg. Gemeinsam können wir herausfinden, was dir hilft, deine Balance in dieser Jahreszeit zurückzugewinnen.    

Wenn die Diagnose alles verändert: Psychische Unterstützung bei schweren Erkrankungen

Wenn die Diagnose alles verändert: Psychische Unterstützung bei schweren Erkrankungen – Julia Benner Eine schwerwiegende körperliche Erkrankung – wie etwa eine Krebserkrankung – betrifft nie nur den Körper. Sie trifft den Menschen in seiner Ganzheit: emotional, mental, existenziell. Oft verändert sich von einem Moment auf den anderen das gesamte Leben. Für die Betroffenen ebenso wie für ihre Angehörigen. Viele empfinden die Zeit der Diagnose, Therapie und Nachsorge als einen Ausnahmezustand, in dem Sicherheit, Zukunftsperspektiven und gewohnte Rollen ins Wanken geraten. Genau hier setzt psychotherapeutische bzw. psychoonkologische Begleitung an , als wertvolle Unterstützung, um innerlich stabil zu bleiben oder es wieder zu werden. Was ist Psychoonkologie? Die Psychoonkologie ist ein spezialisiertes Teilgebiet der Psychotherapie, das sich mit den emotionalen, sozialen und existenziellen Herausforderungen im Rahmen einer Krebserkrankung beschäftigt. Doch auch bei anderen schweren chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Herzinsuffizienz oder chronischen Schmerzen kann psychische Begleitung essenziell sein. Laut einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums entwickeln etwa ein Drittel aller Krebspatient:innen im Verlauf der Erkrankung eine behandlungsbedürftige psychische Störung , am häufigsten Depressionen oder Angststörungen (Mehnert et al., 2014). Dabei sind psychische Belastung und Krankheitsverlauf eng miteinander verknüpft: Emotionale Stabilität fördert nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Therapietreue und Selbstfürsorge. Viele Patient:innen erleben nach der Diagnose einen inneren Schock , gefolgt von emotionaler Überforderung, Ängsten und dem Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Gefühle wie Wut, Scham, Schuld oder Hoffnungslosigkeit sind ebenso häufig wie kreisende Gedanken über Therapie, Sterblichkeit oder das „Danach“. Eine Metaanalyse von Faller et al. (2013) zeigt: Psychotherapeutische Interventionen führen bei Krebspatient:innen signifikant zu einer Reduktion von Depressivität und Angst sowie zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Therapie hilft dabei: sich im emotionalen Chaos zu orientieren mit Kontrollverlust und Unsicherheit umzugehen Kraftquellen (wieder) zu entdecken medizinische Informationen besser zu verarbeiten neue Perspektiven für ein verändertes Leben zu entwickeln Auch körpernahe Methoden wie achtsamkeitsbasierte Verfahren oder imaginative Techniken sind nachweislich wirksam, wie etwa das „Mindfulness-Based Stress Reduction“ (MBSR), das in Studien zu messbaren Verbesserungen der Stressresistenz und emotionalen Stabilität führte (Carlson et al., 2014). Für Angehörige: Zwischen Verantwortung, Hilflosigkeit und Selbstverlust Nicht selten stehen Angehörige unter doppeltem Druck: Sie wollen trösten, stützen, organisieren und gleichzeitig selbst mit der eigenen Angst und Erschütterung klarkommen. Studien zeigen, dass Angehörige von Krebspatient:innen mindestens ebenso stark psychisch belastet sein können wie die Patient:innen selbst (Pitceathly & Maguire, 2003). Psychotherapie oder Angehörigenberatung kann helfen: Gefühle wie Überforderung, Schuld oder Erschöpfung zuzulassen Grenzen liebevoll und klar zu setzen mit der Sprachlosigkeit umzugehen die Beziehung zum erkrankten Menschen bewusst zu gestalten sich selbst nicht zu verlieren – auch in der Rolle als „Stütze“ Gerade in der palliativen Phase oder nach einem Verlust kann therapeutische Begleitung auch dabei helfen, Trauerprozesse nicht zu verdrängen, sondern sie als Teil eines individuellen Wachstumsprozesses zu integrieren. Psychische Gesundheit ist kein Luxus – sondern Teil der Behandlung Psychische Belastung ist kein Randthema, sondern medizinisch relevant. Die S3-Leitlinie „Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung“ (AWMF, 2014) empfiehlt ausdrücklich eine strukturierte psychologische Begleitung von Betroffenen und Angehörigen. Auch in der evidenzbasierten Versorgung chronisch Erkrankter wird zunehmend erkannt, dass emotionale Resilienz ein wesentlicher Einflussfaktor für das Behandlungsergebnis ist (Bennett et al., 2018). Psychotherapie ist dabei kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Mut und Selbstfürsorge – und ein wichtiger Teil einer ganzheitlichen, menschlichen Medizin. Wie finde ich passende Unterstützung? In onkologischen Zentren oder großen Kliniken gibt es meist eigene psychoonkologische Dienste. Auch ambulante Psychotherapeut:innen mit Erfahrung im Bereich chronischer Erkrankungen können eine wertvolle Anlaufstelle sein. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für Erstgespräche oder Gruppenangebote, und ergänzend kann der Austausch in Selbsthilfegruppen das Gefühl vermitteln, nicht allein zu sein. Auch Online-Angebote mit evidenzbasierter psychologischer Unterstützung – wie etwa „Make it Count“ oder „Krebs und Psyche“ – gewinnen zunehmend an Bedeutung. Wenn du dich angesprochen fühlst und auf der Suche nach einer begleiteten, psychologisch fundierten Auseinandersetzung mit dem erkrankten Körper, den inneren Reaktionen oder deiner Rolle als Angehörige:r bist, dann findest du in meiner Praxis Redemoment einen geschützten Raum dafür. Ich begleite Menschen in belastenden medizinischen Lebensphasen mit Klarheit, Wertschätzung und therapeutischer Erfahrung, sowohl in Einzelgesprächen als auch in familiären Konstellationen. Die therapeutische Arbeit orientiert sich dabei nicht nur an deinen Symptomen, sondern an dem, was dich trägt, stärkt und wieder mit deinem inneren Boden verbindet – auch in Zeiten, die dich erschüttern. Fazit: Auch seelische Wunden brauchen Fürsorge Schwere Erkrankungen verändern vieles – aber sie können auch einen Raum für neue Perspektiven eröffnen: auf das, was im Leben wirklich zählt. Psychotherapeutische Begleitung ist kein Allheilmittel. Aber sie kann ein stabilisierender Anker sein, ein geschützter Raum für das, was sonst keinen Platz findet, und ein Weg, sich selbst wieder ein Stück näher zu kommen. Du bist nicht allein. Und du musst da auch nicht allein durch. Quellen (Auswahl): Mehnert, A. et al. (2014). Prevalence of mental disorders in cancer patients: A meta-analysis. Journal of the National Cancer Institute, 106(7). Faller, H. et al. (2013). Effectiveness of psycho-oncologic interventions on emotional distress and quality of life in adult patients with cancer: systematic review and meta-analysis. Journal of Clinical Oncology, 31(6), 782–793. Carlson, L. E. et al. (2014). Mindfulness-based cancer recovery and supportive-expressive therapy maintain telomere length relative to controls in distressed breast cancer survivors. Cancer, 121(3), 476–484. Pitceathly, C., & Maguire, P. (2003). The psychological impact of cancer on patients‘ partners and other key relatives: a review. European Journal of Cancer, 39(11), 1517–1524. Deutsche Krebsgesellschaft / AWMF (2014). S3-Leitlinie Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. Bennett, B. et al. (2018). The role of psychosocial factors in chronic disease management: A systematic review. Health Psychology Open.

Depression im Sommer – wenn die Sonne den Schatten nicht vertreibt

Depression im Sommer – wenn die Sonne den Schatten nicht vertreibt – Julia Benner Im Sommer scheint alles leichter: Die Tage sind länger, die Temperatur steigt, und aus unserer gesellschaftlichen Erwartung heraus „sollten“ wir jetzt unbeschwert sein – am Strand liegen, Grillabende genießen und in guter Stimmung durch die Stadt flanieren. Doch eine wachsende Zahl von Menschen empfindet genau das Gegenteil: Trotz der sonnigen Monate bleibt die Stimmung gedrückt, Antriebslosigkeit und innere Leere kehren nicht in den Schatten. In meiner Privatpraxis Redemoment begegne ich Patient*innen, die über genau dieses Phänomen klagen: Depression im Hochsommer. Im Folgenden möchte ich auf die Hintergründe eingehen, Betroffenen Mut machen und zugleich erläutern, wie eine psychotherapeutische Begleitung auf dem Weg aus dem Sommerdunkel aussehen kann. 1. Warum bleibt die Stimmung im Sommer bedrückt? 1.1 Biologische und neurophysiologische Aspekte Obwohl die Sommermonate meist mit positiven Assoziationen belegt sind, verlaufen bei depressiven Erkrankungen die neurobiologischen Vorgänge nicht automatisch umgekehrt zu jenen im Winter. Ein wesentlicher Faktor ist die individuelle Vulnerabilität im Serotonin- und Cortisolstoffwechsel. Hohe Außentemperaturen führen bei empfindsamen Menschen zu einer verstärkten Ausschüttung von Cortisol, was längerfristig zu einem Stresszustand und damit zu depressiven Symptomen beitragen kann12. Weiterhin haben neuere Untersuchungen nahegelegt, dass sehr hohe Temperaturen und Hitzeperioden mit einer erhöhten Sterblichkeit durch psychische Krisen einhergehen – ein Hinweis darauf, dass Hitze selbst einen depressiven Verstärkereffekt haben kann3. 1.2 Psychosoziale Faktoren: Druck zur „guten Laune“ Eine zentrale Ursache für das Empfinden „Ich müsste mich besser fühlen, nur weil Sommer ist“ ist der soziale Druck. Aktuelle Umfragen zeigen, dass fast die Hälfte aller Befragten (48 %) im Sommer negative psychische Symptome berichtet, obwohl sie es anders erwarten würden4. Die ständige Konfrontation mit heiteren Urlaubsfotos von Freunden und Bekannten in den sozialen Medien verstärkt das Gefühl, ausgegrenzt oder unzulänglich zu sein, wenn man selbst keine beschwingten Erlebnisse teilt5. Dieses Spannungsfeld zwischen persönlicher Wirklichkeit und gesellschaftlichem Ideal erzeugt häufig Schuld- und Schamgefühle. 1.3 Persönliche und biografische Einflüsse Für manche Menschen sind die Sommermonate emotional durch belastende Erinnerungen geprägt: Ein Verlust, eine gescheiterte Beziehung oder familiäre Konflikte, die sich aus der intensiven Aufmerksamkeit und den gemeinsamen Aktivitäten im Sommer ergeben. Solche biografischen Assoziationen können eine saisonunabhängige Depression befeuern, sodass der warme Sonnenschein die innere Dunkelheit nicht vertreibt. 2. Typische Anzeichen – wenn Selbstzweifel nicht schwinden Wer den Eindruck hat, dass die gute Sommerstimmung an ihm vorbeizieht, fühlt sich oft verunsichert: Woran erkenne ich, ob es mehr ist als nur ein vorübergehendes Tief? Wesentliche Symptome einer depressionstypischen Grundstimmung, die auch im Sommer auftreten, sind: Anhaltende Niedergeschlagenheit, selbst wenn äußere Bedingungen (Sonne, Freizeit) eigentlich Anlass zur Freude geben sollten. Verlust von Interesse oder Lust an Aktivitäten, die früher einmal Freude gemacht haben, etwa Gartenarbeit, Treffen mit Freunden oder Ausflüge. Schlechter Schlaf: Einerseits gleicht die hohe Temperatur oft einem Störfaktor, andererseits besteht eine anhaltende innere Unruhe, die nicht zur Ruhe kommen lässt. Konzentrations­störungen, Gefühl der Überforderung, wenn einfache Aufgaben plötzlich schwerfallen. Körperliche Begleitsymptome: Chronische Müdigkeit, Kopf­schmerzen oder Appetitmangel – auch ohne eine Erkrankung, die körperlich erklärbar wäre.   Eine aktuelle Studie der CDC (August 2021 – August 2023) zeigt, dass 13,1 % aller Erwachsenen mindestens eine depressive Episode innerhalb von zwei Wochen berichteten, unabhängig von der Jahreszeit6. Dies belegt, dass Depression eine Erkrankung ist, die sich nicht einfach aus den Sommer­monaten „herauslüpft“, sondern kontinuierlich bestehen kann. 3. Die psychischen Konsequenzen des Kluftgefühls 3.1 Schuld- und Schamgefühle In einer Welt, in der Social-Media-Feeds von glücklichen Urlaubsbildern überlaufen, entstehen Schuldgefühle: „Warum genieße ich nicht, was andere genießen?“ Dieses „Versagen“ erzeugt zusätzliche Anspannung, die die depressive Grundstimmung weiter festigt und zu einer sich selbst verstärkenden Spirale führt7. 3.2 Rückzug und soziale Isolation Ironischerweise zieht sich der Betroffene oft zurück, um den Erwartungsdruck zu vermeiden – doch dies verstärkt das Gefühl von Einsamkeit. Studien belegen, dass soziale Unterstützung einer der stärksten protektiven Faktoren gegen Depression ist (Holt-Lunstad et al., 2015)8. Wenn aber gerade im Sommer die sozialen Verpflichtungen „spaßig“ sein sollen und man selbst sich nicht in der Lage dazu fühlt, entsteht ein tiefer Riss zur Umwelt. 3.3 Leistungsdruck und Selbstwertprobleme Viele glauben, der Sommer biete Raum für Freizeit und Entspannung – tatsächlich spielt aber die Erwartung, in dieser Zeit besonders leistungsfähig, vital und attraktiv zu sein, eine Rolle. Wer darunter mental zusammenbricht, erlebt ein starkes Selbstwertdefizit: Die Vorstellung „Eigentlich sollte ich jetzt meine Energie zurückgewinnen“ kollidiert mit dem Erleben: „Ich habe nicht genug Kraft, um den Tag zu meistern.“ Dieser Konflikt kann zu einer tieferen depressiven Verstärkung führen und im schlimmsten Fall Suizidgedanken triggern. Deshalb ist es so wichtig, depressive Signale frühzeitig ernst zu nehmen – auch dann, wenn das Wetter schön ist. 4. Psychotherapeutische Hilfe: Wege aus der Sommerdepression 4.1 Psychoedukation – Verstehen, was im Inneren passiert Ein erster, essenzieller Schritt ist die Aufklärung: Depression ist keine Frage der Jahreszeit, sondern eine biologische und psychische Erkrankung. Betroffene zu informieren, dass ihre Symptome valide sind und nicht auf persönlichem Versagen beruhen, nimmt Schuldgefühle. In der Praxis Redemoment wird zu Beginn abgeklärt, wie ausgeprägt die Symptomatik ist (z. B. mittels Beck-Depressions-Inventar, BDI-II). Dadurch wird eine individuelle Basis für den Therapieplan geschaffen. 4.2 Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) – Gedanken und Gefühle neu gestalten Die KVT zählt zu den am besten belegten Verfahren bei Depression (Hofmann et al., 2012)9. Im Sommer fokussieren wir uns auf: Geleitete Entspannungsübungen können helfen, die körperliche Unruhe zu reduzieren. Atemübungen im Freien, um eine achtsame Verbindung zur Umgebung herzustellen – etwa den Wind an der Elbe spüren, ohne das Gedankenkreisen zu verstärken. 4.4 Soziale Vernetzung und Selbsthilfe Gemeinsam mit Betroffenen erarbeite ich Strategien, wie sie ihre sozialen Kontakte gezielt aufrechterhalten können, ohne in einen Freizeit-„Pflichttermin“-Modus zu geraten. Studien zeigen, dass soziale Anbindung einen direkten Einfluss auf die Kurskorrektur depressiver Symptome hat (Holt-Lunstad et al., 2015). In Hamburg etwa gibt es zahlreiche Freizeitgruppen (Yogakurse, Lauftreffs), die keine Leistungs­orientierung haben, sondern neben dem Sport den Gemeinschaftsaspekt betonen. 4.5 Schwerpunkt „Selbstmitgefühl“ Viele meiner Patient*innen leiden unter einem strengen inneren Kritiker, der im Sommer besonders laut wird: „Ich hätte doch die Energie haben müssen, rauszugehen.“ Hier liegt ein Ansatz über Übungen zum Selbstmitgefühl (Neff, 2003): Statt sich selbst

Liebeskummer – Wenn das Herz schmerzt, egal ob in der Liebe oder in der Freundschaft

Liebeskummer – Wenn das Herz schmerzt, egal ob in der Liebe oder in der Freundschaft – Julia Benner Ein psychologischer Blick auf Verlust, Schmerz und Heilung Liebeskummer ist ein universelles Gefühl, das Menschen in unterschiedlichsten Lebensphasen trifft. Meist wird er mit dem Ende einer romantischen Beziehung assoziiert – der Trennung von einem Partner oder einer Partnerin, dem Verlust einer emotional tiefen Bindung. Doch das Phänomen des „Herzschmerzes“ reicht weit über die klassische romantische Liebe hinaus. Auch enge Freundschaften können Brüche erleben, die ähnlich intensiv und schmerzhaft empfunden werden. Was ist Liebeskummer eigentlich? Aus psychologischer Sicht beschreibt Liebeskummer einen Zustand emotionaler Belastung, ausgelöst durch den Verlust oder die Nichterfüllung einer zwischenmenschlichen Bindung. Er kann Symptome wie Traurigkeit, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Antriebslosigkeit, aber auch Wut, Schuldgefühle und Hoffnungslosigkeit umfassen. In extremen Fällen kann Liebeskummer sogar depressive Zustände begünstigen oder verstärken. Der amerikanische Psychologe Dr. Guy Winch beschreibt Liebeskummer als „eine Form des emotionalen Traumas“, das das Selbstwertgefühl massiv erschüttern kann. In seinem Buch „How to Fix a Broken Heart“ weist er darauf hin, dass die neuronalen Aktivitäten, die bei Liebeskummer stattfinden, jenen ähneln, die bei körperlichem Schmerz auftreten. Liebeskummer als echter Schmerz – was sagt die Forschung? Eine häufig zitierte Studie der Columbia University (Kross et al., 2011) nutzte bildgebende Verfahren (fMRI), um zu untersuchen, wie das Gehirn auf sozialen Schmerz reagiert. Die Ergebnisse zeigten, dass das Areal, das bei körperlichem Schmerz aktiviert wird – insbesondere der sekundäre somatosensorische Kortex und die hintere Insula – auch bei sozialem Ausschluss und Trennung stark aktiv ist. Der Volksmund hat also recht, wenn er sagt: „Liebeskummer tut weh.“ Liebeskummer in Freundschaften – ein unterschätzter Schmerz Während romantischer Liebeskummer gesellschaftlich weithin anerkannt ist, wird der Schmerz über eine verlorene oder enttäuschte Freundschaft oft weniger ernst genommen. Doch Studien zeigen, dass enge Freundschaften ähnliche emotionale Bindungssysteme aktivieren wie romantische Beziehungen. Eine Studie von Fehr et al. (2000) zur Natur von Freundschaften beschreibt sie als „freiwillige Bindungen, die auf Vertrauen, Fürsorge und Gegenseitigkeit beruhen“. Wenn diese fundamentalen Aspekte verletzt werden – etwa durch Verrat, Entfremdung oder einseitiges Engagement – kann das psychisch genauso belastend sein wie das Ende einer romantischen Beziehung. Der Unterschied liegt häufig nicht in der Intensität des Verlusts, sondern in der gesellschaftlichen Validierung: Während man sich bei einer Trennung auf Mitgefühl und Unterstützung verlassen kann, wird ein „Freundschaftskummer“ häufig bagatellisiert. Warum Liebeskummer so intensiv erlebt wird Bindungstheoretisch betrachtet (Bowlby, 1969) ist der Mensch ein „Bindungswesen“. Wir suchen Nähe, Sicherheit und emotionale Resonanz bei anderen. Der Verlust einer solchen Bindung – egal ob romantisch oder freundschaftlich – wird als bedrohlich für unser inneres Gleichgewicht erlebt. Besonders bei Menschen mit unsicherem Bindungsstil (ängstlich oder vermeidend) kann Liebeskummer intensiver und langanhaltender sein. Auch neurobiologische Faktoren spielen eine Rolle: Während der Verliebtheit und in tiefen Freundschaften werden Neurotransmitter wie Dopamin, Oxytocin und Serotonin ausgeschüttet – Botenstoffe, die für Glücksgefühle und Vertrauen sorgen. Bricht eine Beziehung ab, gerät dieses Gleichgewicht ins Wanken, was emotionale und körperliche Symptome auslösen kann. Wie man mit Liebeskummer umgehen kann – psychologische Impulse Und wenn der Kummer bleibt? – Der therapeutische Blick In den meisten Fällen heilt Liebeskummer mit der Zeit. Doch manchmal bleibt der Schmerz bestehen oder verstärkt sich – vor allem, wenn ungelöste Bindungserfahrungen, Selbstwertprobleme oder depressive Tendenzen mitschwingen. Wird Liebeskummer nicht verarbeitet, kann er das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Anpassungsstörungen erhöhen. An dieser Stelle kann eine psychotherapeutische Begleitung wertvolle Unterstützung bieten. In einer Verhaltenstherapie kann gemeinsam reflektiert werden, welche Gedanken- und Verhaltensmuster den Schmerz aufrechterhalten – und wie man neue Wege findet, um mit Enttäuschung, Verlust und innerem Rückzug umzugehen. Dabei geht es nicht nur darum, den aktuellen Schmerz zu lindern, sondern auch um langfristige emotionale Resilienz und persönliche Entwicklung. In meiner Privatpraxis Redemoment ist Liebeskummer – ob in der romantischen Liebe oder in der Freundschaft – ein häufiges Thema, das ich ernst nehme. Die Erfahrung zeigt: Wer sich traut, auch seelischen Schmerz in Worte zu fassen, kann nicht nur heilen, sondern an Krisen wachsen. Denn manchmal ist es genau dieses Reden, das zum entscheidenden Wendepunkt wird: vom inneren Rückzug hin zu neuer Verbindung – zu sich selbst und zu anderen.

Die Wechselwirkung von Stimmung und Leistungsfähigkeit: Ein wissenschaftlich fundierter Blick auf Selbstwert und Lebenszufriedenheit

Die Wechselwirkung von Stimmung und Leistungsfähigkeit: Ein wissenschaftlich fundierter Blick auf Selbstwert und Lebenszufriedenheit – Julia Benner Unsere psychische Verfassung beeinflusst in erheblichem Maße unsere kognitive Leistungsfähigkeit und unser allgemeines Wohlbefinden. Forschungen aus der Neuropsychologie zeigen, dass positive Emotionen nicht nur das Wohlbefinden steigern, sondern auch die kognitive Leistungsfähigkeit und Problemlösefähigkeiten verbessern (Fredrickson, 2001). Gleichzeitig kann ein instabiles Selbstwertgefühl zu Stimmungsschwankungen führen, die sich wiederum negativ auf die Motivation und das Durchhaltevermögen auswirken. Ebenso hat sich gezeigt, dass eine dauerhaft gedrückte Stimmung mit einer erhöhten Cortisolausschüttung korreliert, was langfristig zu kognitiven Defiziten und einer verringerten Stressresistenz führen kann (McEwen, 2007). Der Einfluss der Stimmung auf die Leistungsfähigkeit Die Forschung belegt, dass unsere Stimmung maßgeblich bestimmt, wie effektiv wir arbeiten und wie kreativ wir Probleme lösen. Fredrickson & Branigan (2005) fanden heraus, dass positive Emotionen die kognitive Flexibilität fördern und die Verarbeitungskapazität des Gehirns erweitern. Dies zeigt sich insbesondere in Berufen, die ein hohes Maß an Kreativität und Entscheidungsfindung erfordern. Negative Emotionen hingegen können den Fokus verengen und zu einer rigideren Informationsverarbeitung führen (Bolte et al., 2003). Dies kann kurzfristig nützlich sein – etwa bei der Lösung klar definierter, analytischer Aufgaben – langfristig jedoch die Adaptivität und Innovationskraft einschränken. Selbstwert als Schlüsselvariable für Lebenszufriedenheit Ein weiteres zentrales Element ist der Selbstwert, der stark mit sowohl emotionalem Wohlbefinden als auch Leistungsfähigkeit verknüpft ist. Studien zeigen, dass Menschen mit einem stabilen Selbstwert weniger anfällig für stressbedingte Leistungseinbrüche sind (Orth et al., 2010), resistenter gegenüber Misserfolgen und Herausforderungen konstruktiver bewältigen können.  Häufig wird Selbstwert mit beruflichem Erfolg assoziiert, doch diese Verknüpfung birgt Risiken.Wie Selbstwert definiert wird, spielt hierbei eine zentrale Rolle. Studien zeigen, dass eine bedingte Selbstwertregulation – also ein Selbstwert, der primär von externen Erfolgen wie beruflichen Leistungen abhängt – zu einer erhöhten Anfälligkeit für Stress, Angst und depressive Symptome führen kann (Crocker & Park, 2004). Im Gegensatz dazu sind Personen mit einem sogenannten kontingenten Selbstwertgefühl weniger stark von externen Faktoren abhängig. Sie weisen eine gesündere Emotionsregulation auf und zeigen eine größere psychische Widerstandsfähigkeit. Deci und Ryan (2000) postulieren in ihrer Selbstbestimmungstheorie, dass ein stabiler Selbstwert aus intrinsischer Motivation und authentischer Selbstakzeptanz resultiert, während extrinsisch motivierte Leistungsziele oft zu Unsicherheit und einem instabilen Selbstwert führen. Langzeitstudien bestätigen, dass Selbstwert nicht nur eine Konsequenz, sondern auch eine Ursache von Erfolg ist: Eine Metaanalyse von Orth & Robins (2014) zeigt, dass ein gesunder Selbstwert langfristig zu besseren akademischen und beruflichen Leistungen führt, während umgekehrt beruflicher Erfolg nur einen geringen Einfluss auf die langfristige Stabilität des Selbstwertgefühls hat. Die Wechselwirkung zwischen Selbstwert und Stimmung: Ein Risikofaktor für depressive Symptome Ein weiterer besonders bedeutsamer Aspekt ist die gegenseitige Beeinflussung von Selbstwert und Stimmung. Forschungsergebnisse zeigen, dass ein niedriger Selbstwert nicht nur eine Folge depressiver Verstimmungen sein kann, sondern oft auch als Ursache für die Entstehung von Depressionen fungiert. Die Vulnerabilitätsmodell-Hypothese (Orth et al., 2008) beschreibt, dass Menschen mit einem geringen Selbstwert ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung depressiver Symptome haben, da sie negative Erfahrungen stärker auf sich selbst beziehen und sich in negativen Gedankenmustern verfangen. Eine Langzeitstudie von Sowislo & Orth (2013) bestätigt, dass ein niedriger Selbstwert langfristig depressive Symptome vorhersagt – und nicht umgekehrt. Das bedeutet, dass ein instabiler oder niedrig ausgeprägter Selbstwert eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Depressionen spielt. Gleichzeitig können depressive Zustände den Selbstwert weiter senken, was einen Teufelskreis aus negativen Gedanken, Antriebslosigkeit und Selbstzweifeln entstehen lässt. Dieser Mechanismus hat erhebliche Konsequenzen für die psychische Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Menschen mit einer negativen Selbstbewertung neigen dazu, sich selbst strenger zu bewerten und Fehlschläge als persönliche Unzulänglichkeiten zu interpretieren (Beck, 1967). Dies kann zu anhaltender Frustration, Demotivation und letztlich zur Entwicklung depressiver Episoden führen, die nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die berufliche und akademische Leistungsfähigkeit weiter erheblich beeinträchtigen. Verhaltenstherapeutische Ansätze zur Förderung von Selbstwert und Leistungsfähigkeit Die Privatpraxis Redemoment setzt auf verhaltenstherapeutische Strategien, um den Klienten zu einem nachhaltig gesunden Selbstwert zu verhelfen. Ein zentrales Konzept dabei ist die kognitive Umstrukturierung, die darauf abzielt, dysfunktionale Gedankenmuster zu identifizieren und durch realistische, selbstförderliche Bewertungen zu ersetzen. Dies basiert auf den Erkenntnissen der Kognitiven Verhaltenstherapie (Beck, 1976), die nachweislich eine hohe Wirksamkeit in der Behandlung von Selbstwertproblemen und stressbedingten Leistungseinbrüchen zeigt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Entwicklung eines sogenannten „nicht-kontingenten“ Selbstwerts, bei dem Individuen lernen, ihren Wert nicht nur aus ihrer beruflichen oder akademischen Leistung abzuleiten, sondern auch aus persönlichen Stärken, sozialen Beziehungen und sinnstiftenden Tätigkeiten (Kernis, 2003). Dieser Ansatz hilft dabei, die emotionale Abhängigkeit von externen Erfolgen zu reduzieren und somit langfristig zu einer stabileren psychischen Gesundheit beizutragen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist das Training der Selbstmitgefühlspraxis, welche nachweislich die negativen Effekte eines geringen Selbstwerts abmildern kann. Neff (2011) zeigte, dass Menschen mit hohem Selbstmitgefühl weniger anfällig für Selbstkritik sind und sich schneller von Misserfolgen erholen. Leistung und Ehrgeiz als zentrale, aber nicht alleinige Faktoren für Zufriedenheit Wichtig ist jedoch die Differenzierung: Die Erkenntnisse über Selbstwert und emotionale Stabilität bedeuten nicht, dass Ehrgeiz und Leistungsstreben irrelevant sind. Im Gegenteil: Ein hoher Grad an Zielorientierung ist mit höherer Lebenszufriedenheit und beruflichem Erfolg assoziiert. Allerdings ist entscheidend, dass Ehrgeiz nicht auf einer übermäßigen Abhängigkeit von externer Anerkennung basiert. Die Forschung zeigt, dass intrinsisch motivierte Personen, die ihre Ziele aus eigenem Antrieb verfolgen, langfristig eine größere Zufriedenheit und Resilienz aufweisen als solche, die stark auf externe Belohnungen angewiesen sind (Deci & Ryan, 2000). Fazit: Ein balanciertes Konzept für nachhaltige Leistungsfähigkeit Die wissenschaftlichen Erkenntnisse belegen also, dass eine nachhaltige Leistungsfähigkeit nicht nur von Fleiß und Ehrgeiz abhängt, sondern auch von der Fähigkeit, die eigene Stimmung zu regulieren und einen stabilen Selbstwert zu entwickeln. Da Selbstwert und Stimmung sich gegenseitig beeinflussen, kann eine negative Spirale entstehen, die zu depressiven Symptomen führen kann. Präventive Maßnahmen – wie die Stärkung des Selbstwerts und das Erlernen emotionaler Regulationsstrategien – sind daher essenziell, um langfristig leistungsfähig und psychisch stabil zu bleiben. Es ist nicht das Ziel, Ehrgeiz oder Leistungsorientierung abzuwerten. Vielmehr geht es darum, eine gesunde Balance zwischen ambitioniertem Streben und innerer Zufriedenheit zu finden. Ein ganzheitlicher Ansatz, wie er in meiner Privatpraxis Redemoment verfolgt wird, unterstützt Menschen dabei, ihre Leistungsfähigkeit